Mitte August bin ich zufällig (ich glaube, dass es beim Schweizer Wetterbericht war) auf die Begriffe Wurmhumus und Wurmkiste gestossen, fing an zu recherchieren und war vom Fleck weg von dem Konzept begeistert. Am 17.08. habe ich mir im Baumarkt ineinander stapelbare Kisten (4x je ca. 13l) und Ablasshahn besorgt und online 600 Judels der Sorte "foetida" bestellt, die am 20.08. ihr neues Zuhause in meiner Küche bezogen haben. Auf dieses Forum bin ich leider erst in seiner vollen Tiefe ein paar Tage später gestossen, so dass ich leider einige der typischen Anfängerfehler nicht vermeiden konnte.
So habe ich es mit den Zeitungslagen am Boden des "Erdgeschosses" wohl anfangs übertrieben, womit ich mir wohl erst einmal Staunässe eingehandelt hatte, und im Wurmtee-Auffang"untergeschoss" habe ich vergessen auch etwas Belüftung reinzubohren. Der zweite Fehler war wohl, dass ich es mit der Fütterung übertrieben habe und obendrein den krassen Fehler beging, den Judels unter anderem eine halbe rote Zwiebel und ein paar abgeschnittene Lavendelzweige vorzusetzen.
So hatte ich von Anfang an mit einer gewissen Wurmflucht zu kämpfen, die ich dann auch noch fälschlich als die anfängliche Unruhe nach dem Posttransport interpretiert habe. Erst als ich hier aufs Forum stiess und begann mich hier einzulesen, ging mir auf, was ich da anfangs an Bockmist gebaut habe.

Die Konsequenzen waren unübersehbar - in den ersten 48h sind des Nachts - trotz Licht wohlgemerkt - locker 20 Würmer komplett geflüchtet (und der Grossteil auf dem noch von der letzten Hitzewelle mollig warmen schwarzen Fliesenküchenboden vertrocknet), und immer wieder fand ich auch welche im Untergeschoss, leider auch in den meisten Fällen erst nach ihrem Ableben.

Was ich "spannend" im Sinne von "seltsam" fand war, dass die meisten Judels, die ich anfangs "unten" oder an der Oberfläche angetroffen hatte, mehr oder minder ausgeprägt unter dem Perlschnursyndrom litten. Die Flüchtlinge ausserhalb der Kiste und wenn ich mal unter der Oberfläche gesucht hatte, waren da eher nicht von betroffen.
Natürlich fing das Ganze dann wegen der Überfütterung und all der sterbenden Judels fürchterlich an zu stinken, und der Stress der noch lebenden Genossen machte das Experiment olfaktorisch auch nicht leckerer. Sonntag vor genau einer Woche habe ich dann eine Not-OP vollzogen - sämtliche Bioreste inkl. der reichlich draufsitzenden Kugelmilben rausgefischt und dem normalen Abfall übergeben, und dann den Inhalt der Erdgeschosskiste komplett auf links gestülpt in eine der anderen bereits wartenden Kisten gekippt. Da habe ich dann die ganzen verklebten Zeitungspapierlagen rausgeholt (teilweise waren da - spannend - aber auch viele Würmer drin eingezogen, obwohl es nicht gut roch, also muss das einigen der Würmer wohl doch gefallen haben). Insgesamt war das Substrat sehr nass (ich hatte, weil ich anfangs dachte, es wäre vielleicht zu trocken, bestimmt einen dreiviertel Liter Wasser reingesprüht in den ersten 14 Tagen), und mit der Zeitung am Boden konnte die Feuchtigkeit auch nicht nach unten raus. Also habe ich etwas verbrauchte Anzuchterde untergemischt und frischen Karton, und nach einer Reinigung das Ganze wieder in die Kiste zurückverbracht. Nach der OP hörte der Gestank sofort auf.
Eine beginnende Fruchtfliegenplage konnte ich ebenfalls eindämmen; dafür habe ich aber Unmassen Raubmilben in der Kiste, die sich wohl an den Kadavern der gestorbenen Judels gütlich tun konnten.
In den ersten zwei Tagen danach war vereinzelt mal noch der eine oder andere wanderlustige Judel in der Auffangkiste (aber stets lebend), und insgesamt musste ich noch vier weitere Tote "wegstecken", aber seitdem scheint es sich nun stabilisiert zu haben.
Ich habe nur noch sehr vorsichtig gefüttert (ein paar Paprikareste, eine Apfelkitsche, den Inhalt zweier Teebeutel, etwas Karton, Urgesteinsmehl und Gartenkalk), und ein paar Gummibaumblätter liegen auf dem Substrat obendrauf (werden fröhlich von den Milben besiedelt).
Wenn ich füttere oder mich die Neugier wieder dazu treibt nachzuschauen und mal ein bisschen unter der Oberfläche zu stochern, sind inzwischen immer viele Würmlis zu sehen, und sie verziehen sich inzwischen auch unheimlich schnell (das war ganz am Anfang kaum der Fall - weder das sichtbar sein noch das sich verziehen).
Allerdings habe ich jetzt natürlich nach den ersten Kardinalfehlern noch ein paar Unsicherheiten:
* noch mache ich jede Nacht eine LED-Leselampe an - wie lange sollte ich die wohl noch brennen lassen?
* ich habe bisher weder Springschwänze noch Enchyträen zu Gesicht bekommen; einerseits heisst das wohl, dass ich meine Kiste wenigstens nicht übersäuert habe, andererseits bremst das Fehlen dieser Nützlinge die Tempoaufnahme bei der Bioverwertung wohl auch ordentlich aus, oder?
* wie komme ich also am besten an die fehlenden Nützlinge, ohne mir gleichzeitig unerwünschte Mitbewohner wie Dungmücken einzuhandeln? Ist es "safe", wenn ich einfach etwas gute Erde aus dem naheliegenden Wäldchen hole?
* wieviel Karton muss ich wöchentlich zugeben, so lange die Judels noch nicht mehr als wöchentlich 200g Bioreste verwerten?
* wann sollte ich sinnvollerweise die Nahrungsversorgung hochfahren? Ich möchte gern vermeiden, nochmals in die geschilderte Situation zu geraten.
Ein paar weitere hilfreiche Erkenntnisse haben die letzten gut drei Wochen aber auch noch gebracht: ich finde es urspannend, mich mit den Judels zu befassen, und meinen Kindern geht es genauso, wenn sie mich besuchen kommen (im Unterschied zu meiner Exfrau, die von der Idee wenig begeistert ist - mal gut, dass ich erst nach unserer Trennung auf das Konzept Wurmkiste gestossen bin

Nun bin ich gespannt, wie es weiterlaufen wird, und hoffe bei den verbleibenden Fragen/Unsicherheiten auf eure Mithilfe.
Grüsse aus der Schweiz, Peterle