Klimaretter Regenwurm
In dem Beitrag sind wohl Wissenschaftler beteiligt, die auch Forschung betreiben und Richtiges zu erzählen haben, aber: In der Gesamtwirkung ist die Schlussfolgerung sehr einseitig, desorientierend und für meinen Geschmack schlussendlich falsch.
Ich werfe nur einige wenige Gedanken in eine denkbare Diskussion:
1) Für eine Klimarelevanz müsste man mit großen Flächen und zeitlich nachhaltig (=> Jahrzehnte) arbeiten. "Erfolge" im Blumentopf oder einer Kiste mögen schön sein, ein Beitrag ist aber nur symbolisch.
2) Humus im Boden wird nicht nur erzeugt, sondern auch abgebaut. Die typischen konventionellen Methoden von Landwirten und Gärtnern fördern eher einen Humusabbau. Wir Menschen fördern selber Wüstenbildung und Versteppung.
3) Die einfache Verlagerung von organischen Material in den Boden erzeugt nun weniger DAUERHUMUS, also jenen, der über längere Zeiträume Kohlenstoff bindet. Generationen haben Mist und anderes in den Boden eingegraben. Da entstand aber kein Dauerhumus, nach wenigen Jahren war nichts davon mehr zu sehen, man musste nachschieben (Ersatz, keine Kumulation). Humusbildung ist etwas komplexer ...
4) Es kann jeder ausprobieren: Wenn man dem Beispiel im Beitrag folgt: Auf den Boden pro Quadratmeter 50 oder 100 Regenwürmer aufbringen und immer fleißig gießen, das ergibt dann Schwarzerde? Wohl kaum.
5) Annie Francé-Harrar sagte bereits vor etwa 100 Jahren, dass eine Zusatzgabe an Regenwürmern auf einem gegebenen Boden eher humusverringernd wirkt, weil die stärkere Bodendurchlüftung eine stärkere Mineralisation des Humus fördert, nicht ganz so, wie man das selber durch häufiges Umgraben schafft, aber immerhin.
Auch Regenwürmer müssen ihren Stoffwechsel bedienen. Dazu "fressen" sie Mikroben und Vorstufen von Humus. Da der Durchlauf in der Verdauung aber recht schnell ist, erfolgt da nur eine teilweise Verdauung und somit eine Verteilung dieser und eigener Darmmikroben im Boden und damit auch eine Förderung von Humusbildung.
6) Natürlich ist ein großer natürlicher Besatz an Regenwürmern ein Zeichen für einen guten Boden, diese müssen aber als Lebewesen im Gleichgewicht mit ihrer Umgebung sein. Beim Regenwurmbauer Sepp Braun gibt es nach Veröffentlichungen auf Grünland 300 ... 400 Regenwürmer pro Quadratmeter.
7) Humusmehrung im Boden bietet wirkliche Chancen einer Kohlenstoffbindung und damit eine Klimarelevanz, wenn man in der Fläche arbeitet. Bspw.
CarboCert vergibt Zertifikate für erfolgreichen nachgewiesenen Humusaufbau. 400 beteiligte Landwirte und 18.000 ha beteiligte Flächen reichen aber für eine Klimarettung noch nicht aus, aber immerhin ist das gelebte Praxis und nicht nur punktuelle Forschung.
8) Man soll aber nicht nur mit dem Finger auf andere zeigen und auf Demonstrationen seine Meinung bekunden, sondern bei sich selber nachschauen, ob vor und neben der eigenen Haustür Regenwürmer leben können oder ob man da nur per Beton und Asphalt versiegelte Flächen vorfindet.
Regenwürmer und die anderen Lebewesen leben in Symbiose mit Pflanzen und Boden, auf dem Pflanzen wachsen können. Auf einem solchen Boden kann Wasser an Ort und Stelle versickern und wieder verdunsten, gerne auch über die Photosyntheseleistung der Pflanzen. Pflanzen beschatten den Boden mit der Folge von geringeren Oberflächentemperaturen des Bodens. Geringere Oberflächentemperaturen und weitflächige Wasserverdunstung verringern an Ort und Stelle den Treibhauseffekt, wenn das Wasser vor Ort bleibt in Form von Wolkenbildung dann noch mehr.
Mir liegt noch mehr zum Thema auf der Zunge, und ich habe mir nur einige Details angelesen ...
Wie gesagt, der Thementitel ist in meiner Wahrnehmung Schmalspur, so nach dem Thema: Da haben wir einen gefunden, mach mal, und wir werden in Ruhe gelassen und machen auch weiter wie bisher.